Konfliktfähigkeit in Krisenzeiten stärken

Konfliktfähigkeit in Krisenzeiten stärken

Krisen und Konflikte gehen Hand in Hand. Und weil Menschen in Krisen besonders häufig mit Konflikten konfrontiert werden, ist es umso wichtiger, Lösungen für diese Konflikte zu finden. Dazu braucht es Konfliktfähigkeit. Was darunter zu verstehen ist und wie du deine Konfliktfähigkeit verbesserst, zeige ich dir in diesem Artikel. 

Was bedeutet Konfliktfähigkeit?

Um die Frage „Was ist Konfliktfähigkeit?“ zu beantworten, habe ich mich bei einem Experten schlau gemacht. Raphael Stekl ist Mediator, Trainer und Coach in Bad Aibling im schönen Bayern. Er hilft Menschen und Unternehmen bei der Konfliktbewältigung und antwortet auf meine Frage wie folgt: 

Konfliktfähigkeit ist die Fähigkeit, Konflikte konstruktiv zu lösen. Dabei geht es nicht nur darum, einen Kompromiss zu finden, sondern eine Einigung. Denn nur durch eine Einigung können Konflikte nachhaltig gelöst werden. Kompromisse hingegen sind meistens nur temporäre Lösungen – früher oder später flammt der Konflikt wieder auf.

Um Konflikte konstruktiv zu lösen, braucht man aber nicht nur eine, sondern mehrere Fähigkeiten. Konfliktfähigkeit als Ganzes besteht also aus unterschiedlichen Kompetenzen. So ähnlich wie bei einem Kuchen, der nicht nur aus „Kuchen“, sondern aus unterschiedlichen Zutaten wie Mehl, Eiern, Butter und Zucker besteht.

Doch welche Kompetenzen sind das?

3 Kernkompetenzen für Konfliktfähigkeit

Wer konfliktfähig ist …

  • stellt sich Konflikten, anstatt ihnen aus dem Weg zu gehen.
  • spricht Probleme offen an.
  • versteht Konflikte als Chance für positive Veränderung statt als Kampf.
  • kann sachlich argumentieren.
  • kann die eigenen Denkweisen und Gefühle verständlich ausdrücken.
  • kann sich auch in sein Gegenüber hineinversetzen.
  • kann gut zuhören.
  • hat den Anspruch, eine Einigung zu finden, anstatt nur das Beste für sich selbst herauszuschlagen.
  • hat ein Gespür für aufkommende Konflikte und kann diese idealerweise auflösen bevor sie entstehen.

Aus diesen Punkten lassen sich 3 Kernkompetenzen herausarbeiten, welche für die Konfliktbewältigung von zentraler Bedeutung sind:

  • Kommunikationsvermögen.
  • Empathie.
  • Offenheit (gegenüber dem Konflikt, der Lösung und dem Konfliktpartner).

Warum ist Konfliktfähigkeit in Krisenzeiten besonders wichtig?

Wie eingangs erwähnt sind Krisen besonders konfliktreiche Zeiten. Doch woran liegt das? Ganz einfach: Sobald Menschen einen Zustand als Krise bewerten, lässt ihr Kopf die Alarmglocken schellen. Krise bedeutet Gefahr! Gefahr bedeutet: Ich muss mich in Sicherheit bringen – der Ellenbogen-Modus wird eingeschaltet.

In einer Krise ist also jeder ganz besonders mit sich selbst beschäftigt und darauf bedacht, sich selbst zu schützen und die eigenen Interessen durchzusetzen. Dazu kommt eine Menge negativer Gefühle wie Unsicherheit, Angst, Wut, Stress und Anspannung. Das Konfliktpotenzial ist damit deutlich größer als unter „normalen“ Umständen.

Nun aber genug der Theorie. Schauen wir uns an, mit welchen Schritten du deine Konfliktfähigkeit fördern kannst:

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Wie kann ich meine Konfliktfähigkeit verbessern?

Um deine Konfliktfähigkeit zu fördern, musst du die 3 Kernkompetenzen meistern. Das heißt, du musst lernen …

  • auf eine bestimmte Art und Weise zu kommunizieren.
  • dich in deinen Konfliktpartner hineinzuversetzen.
  • offen gegenüber den Haltungen und Ideen deines Konfliktpartners, den Konflikten selbst und der Lösungsfindung zu sein. 

So weit, so gut. Aber wie genau sieht das in der Praxis aus?

Konfliktfähigkeit verbessern mit diesen 5 Schritten

Dies sind die wichtigsten 5 Schritte, um deine Konfliktfähigkeit effizient zu steigern:

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Schritt 1: Konflikten offen gegenüberstehen

Widmen wir uns zunächst deiner Einstellung zu Konflikten. Die meisten Menschen wollen Konflikte lieber vermeiden, weil sie mit unangenehmen Gefühlen verbunden sind. Und ja, das sind sie auch, denn offenbar gibt es ein Problem. Doch die Konfrontation mit dem Problem – also der Konflikt – ist die einzige Möglichkeit, es zu lösen!

Und damit bieten Konflikte eine enorme Chance für positive Veränderungen, für Fortschritt und für Innovation.

Stell dir einmal vor, Carl Benz, Galileo Galilei oder Thomas Edison hätten Konflikte vermieden. Dann würden wir heute immer noch mit Pferdekutschen im Kerzenschein über eine flache Erdscheibe fahren.

Akzeptiere einfach, dass Konflikte in der menschlichen Natur liegen. Es wird sie immer geben, und das ist auch gut so. Aber um sie zu lösen, musst du Mut zur Veränderung beweisen und dich ihnen stellen.

Schritt 2: Den Konflikt verstehen

Im nächsten Schritt geht es darum, den Konflikt richtig zu verstehen.

  • Was sind die Ursachen?
  • Welche Auswirkungen wird der Konflikt haben?
  • Aus welcher Sicht betrachtet mein Gegenüber den Konflikt?
  • Was hat mich bzw. den anderen zu einem bestimmten Verhalten bewogen?
  • Wieso fühle ich mich angegriffen oder unfair behandelt? Warum bin ich enttäuscht?

All diese Fragen müssen geklärt werden, denn nur durch tiefes Verständnis für das Problem kann eine passende Lösung gefunden werden. Andernfalls findet nur eine „Symptombehandlung“ statt.

Hier ein Beispiel: Du streitest mit deinem Kollegen (oder deiner Kollegin), weil er (oder sie) schon wieder nicht den Müll rausgebracht hat. Du sprichst das Problem an, und dein Kollege versichert dir, es ab jetzt zu machen. Vielleicht ist er sogar ein wenig genervt, weil das Thema für ihn eine Lappalie ist. Aber dem Konflikt liegt etwas ganz anderes zugrunde: Tief in deinem Inneren geht es dir gar nicht um den Müll, sondern um Verlässlichkeit. Sobald dein Kollege deine Gefühle nachvollziehen kann und versteht, warum das Thema für dich so wichtig ist, wird die Wahrscheinlichkeit steigen, dass er sein Verhalten ändert.

Schritt 3: Aufmerksam zuhören

Im dritten Schritt geht es um die Kommunikation. Gutes Zuhören ist die Basis für gelungene Gespräche. Und mal ehrlich: Wie sollst du einen Konflikt verstehen können, wenn du deinem Gegenüber nicht zuhörst? Oder wenn du den anderen gar nicht zu Wort kommen lässt, damit er seine Sicht der Dinge erklären kann?

Im Konfliktgespräch sollte jeder die Möglichkeit haben, gehört zu werden. Andernfalls kann es zu keiner Einigung kommen. Denn: Wenn dein Gegenüber nicht die Chance hat, sich mitzuteilen, wie soll eine Lösung entwickelt werden, die auch seine Bedürfnisse berücksichtigt?

Schritt 4: Perspektiven wechseln

Aufmerksames Zuhören ist die Grundvoraussetzung für Empathie. Ohne Zuhören kannst du die Perspektive deines Gegenübers weder kennen, noch verstehen lernen!

Hier ist wichtig: Zuhören heißt erstmal wirklich nur zuhören. Das bedeutet, das Gesagte einfach aufzunehmen, ohne es zu bewerten oder zu verurteilen. Bei Verständnisproblemen können natürlich Rückfragen gestellt werden, um die Situation deines Gegenübers auch wirklich nachvollziehen zu können.

  • Wie würdest du dich in seiner Situation fühlen?
  • Wie würdest du handeln?
  • Wie würdest du das Geschehene interpretieren?

Schritt 5: Sachlich und freundlich bleiben

Zum Schluss noch ein wichtiger Faktor zur gelungenen Kommunikation: Ruhig und sachlich bleiben, auch, wenn es schwerfällt. Sobald starke Emotionen ins Spiel kommen, ist es fast unmöglich, einen Konflikt zu lösen und eine Eskalation zu vermeiden. Logische Argumente und sinnvolle Lösungsvorschläge treffen im Gefühlsrausch dann nicht mehr auf Gehör.

Besser ist es, eine möglichst objektive Sicht auf die Dinge einzunehmen. Nimm Aussagen deines Gegenübers nicht persönlich. Egal ob das, was er sagt, jetzt „richtig“ oder „falsch“ ist – nimm es einfach als seinen Standpunkt zur Kenntnis. Wenn du eine Aussage nicht verstehst, frag deinen Gesprächspartner, wie er zu der Annahme kommt, anstatt ihn sofort zu verurteilen oder als Lügner abzustempeln.

Vermeide auch Anschuldigungen wie: „Du bist schuld daran, dass …!“ oder „Du bist einfach so …!“ Sprich stattdessen aus deiner Perspektive: „Ich fühle mich gekränkt, weil ….“ Das nennt man auch Ich-Botschaften vermitteln.

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Aber was, wenn alles nichts hilft?

Nun kennst du die 5 wichtigsten Schritte, mit denen du deine Konfliktfähigkeit verbesserst. Aber was, wenn du schon alles versucht hast und einfach nichts hilft? Was, wenn du dich nicht von deinen Emotionen distanzieren und nicht sachlich über das Thema sprechen kannst? Wenn sofort nach Ansprache des Problems die Situation eskaliert? 

In diesem Fall solltest du dir Hilfe suchen. Egal, ob es jemand aus deinem Freundeskreis, deiner Familie oder ein externer Coach ist, dem du dein Vertrauen schenkst. In Situationen, die dir selbst ausweglos erscheinen, können diese Menschen dich unterstützen und dir neue Wege aufzeigen.

Dein Konflikt scheint ausweglos? Konfliktcoaching hilft

Du willst endlich einen schwelenden Konflikt loswerden, aber weißt nicht wie? Die Diskussion dreht sich immer im Kreis? Im Konfliktcoaching hilft dir ein professioneller Coach, deine Konflikte konstruktiv zu lösen. Egal, wie ausweglos er dir erscheint.

Erfahre mehr über das Konfliktcoaching

Bildquellen:
© Ketut Subiyanto, Pexels
© Andrey Zvyagintsev, Unsplash
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© Mote Oo Education, Pixabay

Über den Autor

Tara Hanke
Tara Hanke ist Resilienz- und Stressmanagement-Trainerin. Auf dem Blog von traincomed.de schreibt sie unter anderem zu Konfliktmanagement, Mediation, Stressabbau sowie weiteren spannenden Themen rund um Coaching und Konflikte. Erfahre mehr dazu auf traincomed.de.

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